Es war ein sonniger Morgen, und die ersten warmen Sonnenstrahlen schienen durch das Fenster von Saras Kinderzimmer. Sara, ein fröhliches Mädchen mit braunen Locken und einem strahlenden Lächeln, saß in ihrem hellblauen Rollstuhl, dessen Speichenschutz eine lustige Unterwasserwelt zeigte: tanzende Fische, grinsende Quallen und eine Schildkröte tummelten umher.
Heute war ein besonderer Tag im Kindergarten „Regenbogenland“. Dort spielen Kinder aus der ganzen Welt zusammen – jedes Kind war einzigartig. Da war zum Beispiel Leo, ein Junge mit Down-Syndrom, der die lustigsten Witze erzählen konnte. Dann gab es Amal aus Syrien, die ein wunderschönes Lied in ihrer Sprache singen konnte, das alle beruhigte. Und Emma, die eine Beinprothese trug und schneller rennen konnte als fast alle anderen.
Auch Sofia, ein blindes Mädchen mit einem Blindenstock, war Saras Freundin. Sofia hatte ein unglaubliches Talent: Sie konnte mit ihren Ohren hören, ob jemand traurig war, und sagte immer genau das Richtige, um die Person aufzumuntern.
Die geheimnisvolle Aufgabe
Als Sara mit ihrer Mama in den Kindergarten kam, hörte sie die Erzieherin Frau Buntfuchs sagen: „Kinder, heute machen wir etwas ganz Besonderes.“ Wir suchen den verschwundenen Regenbogen.“
„Einen Regenbogen suchen? Wie geht das denn?“, fragte Sara neugierig.
„Ihr müsst eure besonderen Fähigkeiten einsetzen“, erklärte Frau Buntfuchs.
Alle Kinder bekamen eine kleine Aufgabe. Sofia sollte mit ihrem feinen Gehör Hinweise finden, Emma mit ihrer Schnelligkeit nach einem versteckten Hinweis suchen. Leo und Amal malten ein Bild des Regenbogens, um ihn wieder in Erinnerung zu rufen. Und Sara? Sara sollte etwas tun, was nur sie konnte.
„Aber was kann ich?“ fragte Sara, als sie kurz alleine war. Sie sah auf die lustigen Fische an ihren Rädern und seufzte. „Ich kann nicht so schnell rennen wie Emma oder so gut hören wie Sofia.“
Doch plötzlich entdeckte sie etwas Kribbelndes in ihrer Brust. Es war ein warmes, magisches Gefühl, als ob eine kleine Sonne in ihr scheinen würde.
Während die anderen Kinder ihre Aufgaben erledigten, rollte Sara in den Garten. Dort stand ein kleiner Junge, den sie noch nie gesehen hatte. Er wirkte traurig und schaute sich unsicher um. „Hallo“, sagte Sara und rollte auf ihn zu. „Wie heißt du?“
„Ich bin Rafael“, sagte er leise. „Ich bin neu hier und ich glaube, ich kann nichts Besonderes. Ich würde euch gerne helfen aber ich … kann nichts.“
Sara lächelte ihn an. „Das stimmt nicht! Jeder kann etwas Besonderes. Manchmal muss man es nur entdecken.“
In diesem Moment passierte etwas Unglaubliches: Der kleine Junge begann zu lächeln, und Sara empfand, wie ihre magische Sonne in ihre Brust strahlte. Saras Worte hatten ihm Mut gemacht, und plötzlich sah sie etwas: Ein zarter Regenbogen erschien über ihnen.
„Jetzt weiß ich, was ich kann!“, rief Sara aufgeregt. „Ich kann in andere Menschen sehen, was sie in sich selbst nicht sehen können! Ich kann sie glücklich machen, wenn sie traurig sind.“
Das große Finale
Sara nahm Rafael an der Hand und brachte ihn zu den anderen Kindern. Gemeinsam suchen sie alle nach weiteren Hinweisen. Als Rafael mitmachte, wurde er immer fröhlicher – und der Regenbogen wurde immer heller. Schließlich schien er in allen Farben über den Kindergarten.
Frau Buntfuchs klatschte begeistert in die Hände. „Ihr habt es geschafft! Gemeinsam habt ihr den Regenbogen gefunden.“
Sofia, Emma, Leo, Amal, Rafael und alle anderen Kinder jubelten. Doch Sara wusste, dass es ihre magische Fähigkeit war, die den letzten Funken Regenbogenlicht entfacht hatte.
„Du bist unsere Regenbogenmagierin“, sagte Emma bewundernd. Und Sara lachte.
Seit diesem Tag wusste Sara: Es ist nicht wichtig, was man nicht kann – wichtig ist, das Besondere in sich selbst und anderen zu entdecken.
Autor:
Leonie Holtorf