Wer sich evtl. an den SMA Awarrenes in 2020 erinnert, der kennt eventuell auch noch den Artikel dazu, in dem ein paar SMA Betroffene vorgestellt wurden die sich auch mit SMA im Nacken ihren Traum erfüllt haben, und kann sich eventuell auch noch an Nusret Sipkar erinnern.
Sein „Tun“ wollen wir heute hier mal etwas genauer unter die Lupe nehmen. Wer ist Nusret, wo kommt er her und welchen Traum hat er sich erfüllt. Nusret hat es schwer, ohje, denn er hat gleich 2 Schicksale zu ertragen. Zum einen musste er als junger Mann schon seine Heimat verlassen, denn ursprünglich kommt Nusret aus Jugoslavien und dann muss er hier in Deutschland auch noch russisch lernen.
Ach was immer alles so erzählt wird … Ich bin als relativ junger Mann, 1993 nach Deutschland gekommen. Wollte drei Wochen Urlaub machen. Jetzt bin ich immer noch hier… im Urlaub! Probiere ins Guinness Buch der Rekorde zu kommen 😉 Lesen die das hier evtl?
Nusret, erstmal herzlich wilkommen bei unserer virtuellen Talkrunde … wie wird Nusret eigentlich ausgesprochen?
Genauso wie geschrieben. Interessant ist aber die Bedeutung von „Nusret“ übersetzt auf Deutsch: nämlich genau wie auf jugoslawisch, „Nusret“ 😉
Ok, das ist Interessant. Gibt man Nusret in den Google Translater ein und läßt die Sprache erkennen, erkennt dieser türkich! Aber auch hier bleibt es bei Nusret! Da bist Du also ein absolutes Original und Nusret bleibt immer Nusret! Ok Spaß beiseite…. zumindest ein bisschen.
Nusret, wann hast Du bemerkt dass Comedy Dein Ding ist?
Ich mag Comedy seit ich mich erinnern kann, natürlich war ich erst mal mehr ein Comedy-Konsument. In meiner Heimat ist Humor im Alltag sehr präsent. Man saß manchmal mit den Freunden und erzählte stundenlang Witze. Ich glaube ich konnte 1000 Witze erzählen. Dazwischen versuchte man auch kreativ zu sein und die Freunde oder Familie zum Lachen zu bringen. Ich habe mich aber damals nicht getraut vor dem Publikum etwas zu machen, ich war nämlich extrem schüchtern.
Hast Du damals schon realisiert dass dies evtl. bezüglich der SMA schwierig werden könnte?
Als Anfänger muss man natürlich erst mal Bühnenerfahrung sammeln und möglichst viele Auftritte absolvieren, d. h. viel unterwegs sein, deutschlandweit. Für einen Rollstuhlfahrer ist das tatsächlich kein einfaches Problem (da ich selber nicht fahren kann, brauche ich immer einen Fahrer bzw. Begleitung).
Hast Du Dir Gedanken gemacht ob das so problemlos funktioniert … also wie die Leute darauf reagieren werden das Du im Rollstuhl sitzt?
Im Vorfeld habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, man konzentriert sich auf andere Sachen (Programm, Performance, nicht zuletzt auch die Barrierefreiheit)
Und war es dann so? Wie war diesbezüglich Dein erster Auftritt?
Mich hat vor allem eine bestimmte Art der Comedy fasziniert: nämlich stand-up. Ich hatte ein sehr großen Respekt vor den Comedians die praktisch mit nur einem Mikrofon in der Hand das Publikum so gut unterhalten bzw. zum Lachen bringen konnten. Diese Fähigkeit schätze ich sehr, sodass ich vor ca. 7 Jahren entschieden habe selber diese Herausforderung anzunehmen. Das hat aber sehr große Überwindung gekostet, beim ersten Auftritt habe ich gedacht ich werde auf der Bühne sterben. Mittlerweile ist das Lampenfieber kein oder kein großes Problem mehr.
Waren die Leute eher verhalten und zurückhaltend, oder haben Sie Deine Jokes gefeiert?
Ja, das Publikum ist oft zurückhaltend wenn ein Rollstuhlfahrer auf die Bühne kommt. Wahrscheinlich denkt man „so ein Schicksal bzw. im Rollstuhl sitzen zu müssen ist alles andere als lustig. Da kann man nicht lachen“. Aber schon nach ein paar gelungenen Gags läuft alles gut.
Hast Du ein Beispiel parat?
Ja z.B. das kommt immer gut an: „Guten Abend, ich bin Nusret Sipkar, komme aus Duisburg und seit zehn Jahren sitze ich im Rollstuhl … An dieser Stelle hätte ich aber mehr Mitleid erwartet!! Nein, Scherz: ich komme nicht aus Duisburg“)
Wer schonmal einen Deiner Auftritte gesehen hat, weiß was Du gern auch sogenannte „Behindertenwitze“ machst. Kam das sofort immer an, oder flogen da auch schonmal Tomaten auf die Bühne?
Ja, auf der Bühne erzähle ich (selbstironisch) über die komischen und skurrilen Alltäglichkeiten als Rollstuhlfahrer. Ich finde toll, ich finde super dass diese Themen beim Publikum sehr gut ankommen. Für mich ist das die Bestätigung, dass man uns Schwerbehinderte als „normale Menschen“ sieht über deren Eigenschaften, Erlebnisse und Probleme man auch lachen darf. Es gibt nur wenige die sagen: „Nein, für mich sind Rollstuhlfahrerwitze ein absolutes No Go“! In gewisser Weise muss man Denen allerdings Recht geben 😉
Bei welchen Veranstaltungen bzw. auf welchen Bühnen trittst du meistens auf?
Das sind In der Regel Comedy Mixed Schows mit mehreren Comedians, meistens vor 100 bis 300 Zuschauern. Ein paar Mal durfte ich aber auf großen, bekannten Bühnen „stehen“, zum Beispiel in der Kult-Location des legendären Didi Hallervorden „Die Wühlmäuse“ in Berlin oder bei der Plopp-Show von Ingo Oschmann vor knapp 1.000 Zuschuern.
Ich habe mitbekommen dass du auch eine eigene Show auf die Beine gestellt hast:
Ja, seit 2016 organisiere ich in Detmold die Comedy-Show „LIPPE LACHT„. Zwei bis dreimal im Jahr sind meine Gäste die besten Newcomer Deutschlands, sozusagen die Stars von morgen. Einige spielen Mittlerweile in der höheren Comedy-Liga, wie Bastian Behlendorfer, Markus Barth, Herr Schröder…
Wo und wann sind deine nächsten Auftritte?
Am 8. Oktober 2021 ist die elfte Ausgabe von „LIPPE LACHT“ im Detmolder Sommertheater, darauf freue ich mich sehr. In der aktuellen Pandemiezeit ist es leider schwierig langfristig Termine zu planen, wir alle hoffen aber dass Veranstaltungen bald wieder stattfinden dürfen. Meine Termine kann man am besten auf meiner Facebook Seite finden – und über einen Like freue ich mich Immer.
Danke Nusret für das virtuell Interview.
Als kleinen Vorgeschmackt auf das neue Programm der elften „LIPPE LACHT“ Ausgabe, der oben erwähnte Auftritt bei Oschmanns PLOPP-Show von 2016: